Juni 2010

Wir bereiten die Abfahrt vor nach Deltaville in Virginia. 785 sm liegen vor uns, es ist heiss und sonnig. Es geht noch schnell ein Streuselkuchen in den Backofen, er verstroemt den Duft weit in den Kanal hinaus und exakt bevor wir das offene Meer erreichen, kann ich ihn aus dem Ofen nehmen zum Auskuehlen. Wilfrieds Lieblingsspeise und an so einem Tag besondere Nervennahrung.

Es ist Sonntag, der 12. Juni und es herrscht reger Ausflugs- und Wochenendverkehr auf dem Wasser, das bedeutet erhoehte Wachsamkeit. Aber wo bleibt der versprochene Wind? Er ist nicht vorhanden und nur 2 kn Stroemung schieben uns. Wir motoren die meiste Zeit und haben am Sonntag dann gerade mal 80 sm geschafft. So bleibt es fast die ganze Fahrt ueber.

Die Hitze Floridas begleitet uns und mangels Wind erleben wir auch nachts keinerlei Abkuehlung. Das bedeutet schlechten Schlaf und auch keinen Hunger. Unsere Hauptnahrung neben dem leckeren Streusselkuchen ist Melone, Melone, Melone. Saftig, kuehl, erfrischend. Der Ofen bleibt aus. Nur wenn ein Fisch anbeisst, holen wir die Pfanne heraus.

Dienstags stellen wir fest, dass unser Dieselvorrat auf diese Weise kaum ausreichen wird bis Deltaville und beim kleinsten Anzeichen eines Lueftchens werden die Segel gehisst,
„ wir sind doch ein Segelschiff“ !!!! um dann ziemlich schnell wieder umzuschalten auf ein „Motorboot“ . Aber es geht uns auf dieser Fahrt gut und beim Motoren koennen wir uns ja auf dem Boot bewegen, als wenn wir ankern. Das verkuerzt uns die Zeit doch sehr. Wilfried kann Karten studieren und rechtzeitig Orte heraussuchen, die wir aufsuchen koennten zum Tanken.

Zwischendurch geht – natuerlich nachts – die rote Lampe an, Oelverlust? Zum Glueck nicht, der Schalter ist nur defekt, sonst alles in Ordnung. Wir ankern eine Nacht bei Cape Hattaras, um das herauszufinden. Ein hoechst ungmuetliches Nachtlager, hier treffen der warme Golfstrom und der kalte Labradorstrom aufeinander und wilde Wellen schaukeln uns durch. In 2 Tagen koennen wir endlich die Cheasapeake-Bay erreicht haben und dann ist es nicht mehr weit bis zu userem endgueltigen Ziel.

Der Wind will einfach nicht und endlich bei Virginia Beach koennen wir in das Inlet fahren zum Tanken und eine Nacht ankern. Der Dieselverbrauch war durch den neuen Propeller derart niedrig, dass wir ganz misstrauisch wurden und vermuteten, das die Anzeige nicht genau sei und wir jeden Moment den letzten Tropfen verbraucht haetten.
Wir fahren durch die Bruecke zum Lake Rudee und suchen nach einem Ankerplatz. Es ist fast dunkel und wir wollen erst morgen frueh die Tankstelle suchen. Rund um den See sind nur Privatstege, die zu den am Ufer liegenden Haeusern gehoeren, mit Wasser und Strom. Wir wollen mitten im See den Anker werfen, als uns jemand vom Steg aus zuruft, wir koennen bei ihm anlegen. Freudig ueberrascht nehmen wir das an. Jason, 85 Jahre jung und ein ehemaliger Segler erlaubt uns, ueber Nacht dort zu bleiben und laedt uns ein zu einem kuehlen Bier in seinem klimatisierten Haus, um auch Donna – his wife – kennenzuernen. Eine nette Begegnung und die Gastgeber geniessen es ebenso wie wir, diesen Austausch zwischen Amerika und Europa. Sie koennen es auch kaum glauben, dass wir mit unserem Segelboot es von den Kanaren bis auf diesen Kontinent geschafft haben und staunen. Jason ist in jungen Jahren viel gesegelt, aber kaum ueber die Bahamas hinaus. Das ist fuer viele Amerikaner die Grenze mit ihrem Boot, ansonsten bleiben sie im Land

So freuen sie sich ueber jeden Segler, der von weither her bei ihnen anlegt, ein dicker Stapel Visitenkarten von Besuchern bezeugt, dass schon so mancher hier bei Jason und Donna in ihrer Kueche bei einen kuehlen Bier gesessen hat. Aber nicht nur Bier, auch gutes Wasser vom Steg bot er an zum Duschen oder Tank fuellen, was wir dank unseres Wassermachers nicht benoetigten, aber allein das Angebot war erstaunlich gastfreundlich.

Die Nacht am Steg war sehr ruhig und wir durch das Bier und die vorherigen kurzen Naechte auf See sehr muede und schliefen tief und fest. Am Morgen waren wir frisch und munter und 9 Uhr schlich bereits Jason ums Schiff herum und als er merkte, dass wir auf den Beinen waren, klopfte er und fragte, ob er uns aus dem Supermarkt etwas mitbringen solle. Wir waren jedoch noch gut versorgt und wir bedankten und verabschiedeten uns von den beiden netten Amerikanern. Ach ja, und hier am Steg hatten wir ein superschnelles Internet J))

Getankt war rasch und eine fuer uns erstmalige Wettererscheinung auf unserer Reise trat auf: dichter Nebel. Wir hoffen, dass wir heute in Deltaville eintreffen koennen. Mittags erreichen wir die Einfahrt in die Chesapeak-Bay – juhuuu. Dahinter lichtet sich auch der Nebel und nun sind es nur noch 15 sm.

Beim Dunkelwerden sind wir in der Fahrrinne zu unserem Ziel und die Masten in den Marinas weisen uns schon den Weg. Dennoch muessen wir diese Nacht noch so knapp vor dem sicheren Hafen verbringen am Anker draussen, denn ploetzlich haben wir nur noch 0,20 cm Wasser unter uns und wir haben keine Lust, wieder einmal im Sand steckenzubleiben. Lieber warten bis es hell wird und vorher im Hafen anrufen, um uns zu vergewissern, ob wir mit unseren 1,40 m Tiefgang dadurch koennen. Wir koennen es gar nicht fassen und sind nu sauer auf die Situation, den Hafen vor Augen und nicht hineinkoennen. Neuer Tag, neues Glueck. Der Hafenmeister bestaetigt, dass wir auf jeden Fall die Fahrrinne passieren koennen am naechsten Morgen und so ist es auch.

Wir bleiben nicht stecken und wenige Minuten spaeter liegt Senta am Steg in Schroeders Yachtsystems und wir atmen auf.

Wilfried prueft mit dem Zollstock die Wassertiefe der Fahrrinne, ob das Echolot auch nicht geschwindelt hat. Es bleibt weniger als eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!

DELTAVILLE – ein Ort so klein, auf keiner Karte verzeichnet. Wir buchen rasch unseren Flug nach Germany, der von New York aus gehen wird in drei Tagen. Bis dorthin sind noch ca. 600 km zu ueberwinden, was gar nicht so einfach ist, wie wir es uns dachten. Es gibt hier kein Bussystem, kein Taxibetrieb .... und so sind wir doch tatsaechlich von Samstagabend bis Montagmittag auf den Beinen, ehe wir bei Nils in Neuss ankommen.