Februar 2012

Wenn ich an meine Bildersammlungen aus Kindertagen zurückdenke, fällt mir immer ein Bild vom Panamakanal ein. Auf diesem Foto, aus einem Sammelordner einer Haferflockenfirma, ist eine Lok (im Jargon Mula, Esel, genannt) auf einer Rampe zu sehen, mit einem großen Schiff am Haken. Diese Aufnahme hinterließ so einen starken Eindruck bei mir, dass jedes Mal wenn es irgendwie um Panama geht, dieses Bild in meinen Gedanken auftaucht. So auch bei unserer Reise nach und durch Panama. Dass ich noch Gelegenheit bekommen sollte, diese Mulas aus der Nähe bei der Arbeit zu sehen, hatte ich nicht mehr gedacht. Unsere Reisepläne werden uns wieder an die US Ostkueste zurueck fuehren.

von links: Die Schweizer Flagge auf den Weltmeeren, die Besatzung fuer die Kanalfahrt, Samuri verlaesst den Hafen.

Von unserer Fahrt zurück von Kolumbien und dem unvorhergesehen Stopp in Colon konntet Ihr in unserem Reisebericht lesen.
Letzte Woche unterhielt ich mich mit unserem Schweizer Nachbarn über das Woher und Wohin. Ein typisches Gespräch unter Seglern. Christian erzählte, dass er und Evelyne ihren Katamaran Samuri für die Fahrt durch den Kanal vorbereiten. Bei mir erklang eine kleine Glocke. So stellte ich dann irgendwann die Frage, ob sie vielleicht noch einen Linehandler brauchten. Was das ist erkläre ich später. Er müsste das erst noch klären, käme aber auf mich zurück. Etwas später meinte er, dass er meine Hilfe gerne in Anspruch nehmen würde und so konnte ich den Panama Kanal von der Wasserseite zu erleben. Annette fuhr nicht mit. Sie freute sich auf zwei Tage ungestörte „Freiheit“ an Bord.

Sonnenuntergang vor der Gatunschleuse

Am Donnerstagmittag sollte es losgehen. Zuerst zum Ankerfeld „F= Flats“, das am Anfang der Gatunschleuse liegt. Die beiden zusätzlich angeheuerten Linehandler waren schon an Bord. Später sollte der Lotse auf den Flats dazu kommen. Die Vorschrift besagt, dass jedes Schiff vier Linehandler, einen Skipper, der nur am Ruder steht, sowie einen Lotsen haben muss.

Mit über einer Stunde Verspätung ging es dann Richtung Schleuse. Wir sollten mit einem 180 m großen Frachter so gegen sechs Uhr geschleust werden. Wir, das waren noch zwei andere Boote. Ein französischer Kat, etwas kleiner als „Samuri“ an der Backbordseite, Samuri in der Mitte, sowie ein kanadisches Segelboot an Steuerbord. Alle Drei zu einem Päckchen verbunden und wie ein Schiff geschleust. Spannend

Der Lotse kommt doch noch. Einweisung vor dem Start.

Als wir an der Schleuse ankamen war der Grosse schon da. Jetzt kam der Moment der Linehandler. Da wir an beiden Seiten je ein Schiff hatten wurde ich „arbeitslos“, denn die Hauptarbeit wurde auf den Außenschiffen verrichtet. Was bei uns zu tun war, konnten unsere beiden Profis machen, hatten sie schon ca. dreißig Schleusengänge hinter sich. So hatte ich Zeit um mir das alles anzusehen und Fotos zu machen.

Die Gatunschleuse in der Nähe von Colon besteht aus drei Kammern, die jeweils ca. 8 m schleusen. Wenn man in die erste Kammer einfährt, bekommt man je vier Leinen zugeworfen. Daran werden stärkere Taue befestigt, an Land zurückgezogen und an Pollern befestigt.

von links: an der steuerbord Seite ein franzoesicher Katamaran, an Backbord ein kanadischer Mono, alle Augen nach vorne.

Beim nun folgenden Schleusen schießt das Wasser in die Schleusenkammer. Es geht jetzt insgesamt 3-mal ca. 8 Meter nach oben und muss schnell gehen, Zeit ist Geld. Die Linehandler müssen die Taue immer stramm und das Päckchen in der Mitte der Kammer halten. Letzteres kontrollierte der Lotse auf unserem Schiff. Sollte jetzt irgendwas schiefgehen gibt es Kleinholz, sieht die Wasseroberfläche doch aus wie kochende Suppe. Nach ungefähr 15 Minuten ist alles wieder ruhig. Die Mulas vor uns machen einige Male bing bing, die Pneumatischen Bremsen werden mit einem gelangweiltem pffff geloest. Es klingt als ob sie sagen würden, stellt euch nicht so an, wer macht hier eigentlich die Arbeit? Dann geht ein grünes Licht an und die Karawane mit dem Frachter in der Mitte zieht weiter.

von links: der Grosse liegt schon in der Schleuse,die Leinen werden belegt und dann wird das Tor geschlossen.

Nach kurzer Zeit ertönt bei uns wie auf dem Kasernenhof die Trillerpfeife und auch wir setzen uns mit unseren „Mulas“ an Land, die jetzt die Leinen in der Hand halten, zur nächsten Kammer in Bewegung. Hier und in der letzten Kammer folgt das gleiche Ritual und dann sind wir im Gatunsee, 27 m über der Karibik und dem Pazifik. Abgesehen von einigen spannenden Momenten, in denen man Rufe in einem babylonischen Stimmengewirr hören konnte (waren in unserem kleinen Päckchen 7 verschiedene Sprachen) ging alles ruhig und ohne Schäden über die Bühne, sprich durch die Schleuse. Kurz nach 22 Uhr fiel der Anker. Der Lotse ging von Bord und wir genehmigten uns ein Ankommbier. Etwas später war Ruhe im Schiff. War es doch ein langer und spannender Tag.

an Land wandert unser "Mula" mit der Leine Evelyne bestaunt das "kochende Wasser" inder Schleusenkammer.
Christian ist fuer kurze Zeit Herr ueber drei Schiffe, denn sein Kat bewegt die anderen von Kammer zu Kammer. "wir hier unten..."
und die Leinen immer schoen stramm halten! Ende der ersten Schleusung, jeder faehrt wieder alleine, bis zur Miraflores Schleuse.

Der naechste Tag fing frueh an. Die Abfahrt war auf halb sieben festgelegt. Dass wir mehr als zwei Stunden warten mussten, bevor der Lotse erschien, war etwas frustrierend. Wir sind Yachties und die haben Zeit. Ueber die Kanalfahrt, die jetzt folgte ist nicht viel zu berichten, sieht man vom Mittagessen mal ab.

aufwachen auf dem Gatunsee. der Lotse springt an Bord..

Gegen zwei waren wir an der Schleuse Pedro Miguel. Hier wurde wieder das Päckchen geschnürt und der letzte Akt der Kanalfahrt begann. Dieses Mal fuhren wir als erste vor einem Autotransporter in die Kammer. Es war schon beeindruckend so ein riesiges Schiff ein paar Meter hinter sich zu haben. Unser Partner heute war grösser als der vom Vortag und die Rede von der Zeitung die rechts und links zwischen Schiff und Wand passt ist keine Übertreibung. Man kann in diesem Moment nur hoffen, dass die Mulas anders als ihre lebenden Namensvetter nicht bockig sind und ihre Arbeit ohne eigenen Willen erledigen. Das Konzert von bing bing usw. war das gleiche wie gestern. Die Schleuse Pedro Miguel hat nur eine Kammer. Miraflores, mit seinen zwei Kammern liegt 1,5 Meilen weiter. Das letzte Stück blieben wir noch einträchtig nebeneinander.

die folgenden Bilder sollen einen Eindruck vom Betrieb auf dem Kanal vermitteln.

Als wir im Oktober mit dem Auto durch Panama fuhren, haben wir natürlich auch den Kanal besucht. An der Miraflores Schleuse gibt es eine Terrasse, von der man den Betrieb in der Schleuse beobachten kann. Unterhaltung mit Hotdog und Cola. Kusshände flogen hin und her, winken und rufen, es sah aus wie eine große Verabschiedung, denn hinter dem letzten Schleusentor liegt der Pazifik. Unser Ziel war das Ankerfeld am Balboa Yacht Club. Hier gingen die beiden Linehandler mit den zusätzlichen Autoreifenfendern und Leinen von Bord. Der Lotse wurde schon vorher abgeholt.

es geht wieder im Paeckchen in die naechste Schleuse, Pedro Miguel und Miraflores.

Wenn man überlegt, dass der Panama Kanal eine Grenze zwischen dieser Seite der Erde und der anderen darstellt und für uns Segler ein Meilenstein ist, so gab das dem anschließenden Sundowner eine besondere Stimmung.

Fazit nach dieser Fahrt:

Segler die bis zum Panama Kanal auf eigenem Kiel und vorher schon mal durch eine Schleuse gefahren sind, dürften, wenn alles normal verläuft, keine Probleme haben. Wenn man vor der eigenen Kanalfahrt als Linehandler auf einem anderen Schiff faehrt, hat man Zeit und Gelegenheit sich alles anzusehen und ist später auf dem eigenen Schiff viel entspannter. Außerdem entlastet es die Bordkasse des anderen Skippers, kostet ein professioneller Linehandler doch 90 Dollar.

Am Samstag fuhr ich mit Bus und Taxi zurück nach Colon.

von links: wir werden an der Leine in die naechste Kammer gefuehrt, da geht noch so gerade eine Zeitung zwischen, wer mit will hebe bitte die Hand.
links: Bis vor kurzem die einzige Strassenverbindung zwischen Nord- und Suedamerika. Rechts: Panama City und das neue Museum von Balboa.
Ballett auf dem Vordeck. Jetzt wartet der Pazifik. So was auf einem fremden Schiff zu erleben ist sehr entspannend.