August /September 2010

Diese beiden Staedte sind vor allem fuer Segler die reizvollsten Ziele in Maryland. Durch die Chesapeake-Bay zu segeln, zu motoren, die wechselhafte Landschaft am Ufer entlang zu verfolgen und vor allem die vielen typischen Suedstaatenhaeuser zu bewundern macht die Fahrt sehr kurzweilig.
Waehrend wir sonst immer schnell unsere Reisemeilen hinter uns bringen um anzukommen, spielt das hier gar keine Rolle. Die Toerns selber erleben wir sehr entspannt und abwechslungsreich und wenn es Abend wird, liegt immer eine ruhige Bucht in der Naehe und wartet auf naechtliche Besucher. Der Anker faellt und rasch ist das Dinner zubereitet und serviert mit einem Glas Wein geniessen wir stets aufs Neue den taeglichen Sonnenuntergang. Bevor die Augen zufallen, schauen wir ueber Funk schnell noch nach, was der Wetterbericht fuer den naechsten Tag verkuendet.

Annapolis ist die Hauptstadt von Maryland und die Bewohner aergert es manchmal, dass sie als Nap-town (Schlummerstadt) bezeichnet wird. Aber genauso wirkt sie auch , eben nett. Nicht ueberwaeltigend, nicht aussergewoehnlich, halt nett. Kopfsteinpflaster, flackernde Laternen und Reihenhaeuser aus braunen Ziegelsteinen koennten aus einem Charles-Dickens-Roman stammen.

Ein Dock fuer die riesigen Kreuzfahrtschiffe gibt es zum Glueck nicht. So bleibt der Eindruck eines ganz normalen Alltagsleben.

Das Hafengebiet dominiert die Stadt seit ewigen Zeiten, die Stadt hat ihr historisches Erbe nicht erschaffen, sondern eher erhalten. Hier am Dock wurden zahlreiche Schiffe entladen, deren Fracht aus Gefangenen bestand, die ihrer Heimat Afrika entrissen und als Sklaven der Neuen Welt zugefuehrt wurden.

Das Denkmal von Kunta Kinte erinnert daran. Die TV-Serie ‚Roots’ erzaehlte in den 80iger Jahren davon. Der heute noch lebende Schriftsteller Alex Haley hatte die Ahnenreihe seiner Familie erforscht und ihre Geschichte aufgeschrieben zu einer Zeit, in der dieses Thema und dessen Aufarbeitung in der Oeffentlichkeit noch sehr heikel war. Fuer sein Epos bekam er den Pulitzerpreis. Kunta Kinte war der erste seiner Ahnen, der in Annapolis an Land gebracht und auf dem Sklavenmarkt verkauft wurde

Rings um das historische Hafenviertel herum sehen wir reichlich Pubs und Restaurants, die von Einheimischen und Besuchern der Stadt gleichermassen frequentiert werden. Als wir ankommen ist Wochenende und entsprechend viel Trubel. Montags wirkt das Staedtchen allerdings schon wieder recht verschlafen und wir schlendern ueberall herum und orientieren uns neu. Die Mooring tauschen wir recht schnell gegen den Anker aus, denn ein Stueckchen weiter rein ist ein ruhiger wunderschoen gelegener Ankerplatz. Mit dem Dingi sind es nur wenige Augenblicke an Land und jede Strasse endet am Wasser mit einem Dingidock. So bequem haben wir es selten.
Die naechsten zwei Wochen sind richtig Urlaub. Wir faulenzen an Bord und geniessen die Aussicht oder laufen herum und sind neugierig, wie Touristen nun einmal sind. Abends im Pub kommen wir sehr leicht ins Gespraech mit den Einheimischen. Am Wasser wohnend und wir als Segler ... da dreht sich meist alles um Meer und Reisen. Aber die wenigsten koennen es nachvollziehen, wieso man ein Boot von Europa gen USA segelt. Nee, nee, das ist ja richtig weit und abenteuerlich.

Die Aussicht vom Boot aus :

Zum ersten Mal seit Key West treffen wir auf deutsche Segler und sehen die „Sophia“ wieder, Hollaender, die wir aus Havanna kennen. Im Hafenbuero steht eine grosse Kiste mit deutschen Buechern neben den englischsprachig gefuellten Regalen. Wer moechte, kann sich da bedienen, ansonsten gehen die Schmuckstuecke an die Studenten der Universitaet Annapolis. Hab ich ein Glueck, ein paar sind interessant und neu fuer uns, die gehen mit.

Der Hurrican Earl baut sich draussen im Atlantik auf und wir beobachten seine Entwicklung taeglich. Die Einwohner und vor allem auch die Hafenleute beruhigen uns Segler. Bis in diese Ankerbucht kommt selten etwas an, hoechstens mehr Wind und das Wasser steigt. Waehrend die Touristen der Outer Banks am Cape Hataras evakuiert werden (wir koennen die Berichte im TV verfolgen), werden hier im Ort keinerlei Vorbereitungen getroffen. Den Berechnungen zufolge streift Earl das Land bis auf 100 Meilen hinter der Kueste und Maryland waere davon beruehrt.

Aber Entwarnung, die erwartete Sturmfront bleibt aus. Der Hurrican zieht an Annapolis spurlos vorbei. Einen halben Tag Regen beschert er uns, da kann man nicht meckern, der tut sogar gut.

Wir verbringen viel Zeit mit langen Spaziergaengen und schmieden weitere Plaene. Das Leben ist so beschaulich und angenehm hier, wir koennten es locker ein paar Wochen hier aushalten. Wenn da nicht New York auf uns warten wuerde! Der Kalender erinnert daran, dass es bald Herbst und Winter wird und schnell zu kalt fuer uns Barfusssegler.

Also wieder ein Abschied von einem angenehmen Ort, in dem wir uns sehr wohlgefuehlt haben.

Baltimore ist nur eine Tagesreise entfernt

und wir segeln an den privaten Yachtclubs vorbei bis in den inneren Hafen mitten in Down-Town und werfen dort den Anker. Eine tolle Kulisse und wieder ganz anders, als die Wochen in Annapolis. Hier dominieren die Hochhaueser und abends sehen wir rundherum ein Lichtermeer.

Da uns niemand vertreibt, bleiben wir hier und bekommen das ganze Spektakel eines langen Wochenendes der Amerikaner mit, es wurde verlaengert durch den Labor-Day am Montag. Das nutzen sie fuer Ausfluege ans Meer. Am Anker liegen wir fast die ganze Zeit allein und der Trubel an Land ist abends frueh vorbei. Auch die Drachentretboote um uns herum gehen frueh schlafen und das zu besichtigende U-Boot schaltet das Troeten ab, das alle paar Minuten ertoent. Da wir uns noch nicht ins Getuemmel stuerzen, stoeren die Menschenmassen gar nicht, wir schauen vom Boot aus nur zu und lassen die Eindruecke auf uns wirken.

Wir wagen uns erst nach den Feiertagen an Land, erkunden die Stadt fuer einen Tag lang und stellen wieder schnell fest, dass wir eigentlich ein Auto braeuchten. Das haben wir aber budgetmaessig nicht im Plan. Wir bleiben im Bereich des Hafens, gehen auf Fototour und somit koennen wir auch kaum etwas berichten.

Die Souvenirshops schlachten die Tatsache aus, dass es das Edgar-Allan-Poe-House noch immer gibt im Stadtkern und nach Anruf auch zu besichtigen ist. Das ehemalige Haus des Autors des Makaberen und Duesteren soll angefuellt sein mit persoenlichen Erinnerungsstuecken. So werden an jeder Ecke Tassen, Glaeser und Topflappen voller schwarzer Kraehen und bedruckt mit Zeilen aus seinen Gedichten angeboten. Nachdem wir bei bruetender Hitze trotz eifriger Suche sein Haus nicht fanden, gaben wir auf. Schade, ich haette es gern besichtigt.

Was uns freut ist, dass wir vom Seeaquarium gegenueber Internet bekommen. Es ist ausnahmsweise so schnell, dass wir endlich unsere Website vervollstaendigen koennen. Wovon wir reichlich Gebrauch machen, wie Ihr lesen koennt.

Wenn alles gut geht, melden wir uns das naechste Mal aus New York!!!